badengehen
Freibad Kiebitzberge
Ausstellung vom 24. September bis 9. Oktober 2022
Anke Fountis | Sue Hayward | Beate Lein-Kunz | Susanne Ruoff | Salah Salouli | Katrin Schmidbauer | Frauke Schmidt-Teilig | Hartmut Sy
GastkünstlerInnen Bettina Lüdicke | Pfelder | Patricia Pisani
Die inzwischen 22. Ausstellung der Gruppe dimension14 präsentiert sich unter dem Motto badengehen im Freibad Kiebitzberge in Kleinmachnow, einer Freizeitstätte mit fabelhafter Geschichte:
Im Mai 1976 eröffnet – entstand das Freibad im Zuge eines Mitmach-Wettbewerbs in der damaligen DDR außerhalb staatlich verordneter Planwirtschaft. Wenige Freiwillige und ein Architekt stemmten das Projekt, angeschoben von Arbeiterinnen des Carl-von-Ossietzky-Werks, die nachmittags eine Unterbringung für ihre Kinder benötigten. Nur so konnten sie im Schichtsystem arbeiten. Nach der Wende sollten das Freibad und sein 4.000 qm großes Areal dicht machen, ein Förderverein verhinderte das. Heute gehört das Freibad Kiebitzberge, das pro Saison bis zu 100.000 Besucher beglückt, anteilig den Kommunen Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf.
In einem Arbeitsprozess von zwei Wochen liessen sich die Künstler*innen von Anlage und Aura des Freibads inspirieren. Entstanden sind Kunstwerke an und in den Schwimmer-, Nichtschwimmer- und Planschbecken sowie auf den Liegewiesen mit ihren alten Baumbeständen.
Eröffnungsrede
Martin Schönefeld
Freibad Kiebitzberge Eröffnungsrede zur Vernissage „badengehen“ der Künstlergruppe dimension14 am 24. September in Kleinmachnow (Auszug)
Das Freibad Kiebitzberge: Was für ein Ort! Was für eine Stimmung und Atmosphäre! Das Schwimmbad ist geschlossen, es ist außer Betrieb gesetzt, es hat seine jährliche Saison bereits hinter sich und kann sich nun erholen. Die Außentemperaturen liegen allmählich unter warm und motivieren deshalb nicht mehr so sehr zum Draußenschwimmen. Und da kommt noch ein anderer aktueller Aspekt hinzu: Es wird über Temperaturen gestritten, wie warm darf es noch sein? Auch über Wassertemperaturen, auch sie sollen abgesenkt werden, um weniger Energie zu verbrauchen. Auch damit ist der Sommer endgültig passé, und auch deshalb darf das Schwimmbad in seinen wohlverdienten Dornröschenschlaf versinken. Bis zur nächsten Öffnung im kommenden Mai ist das Freibad ein verlassener Ort, ein Lost Place, ein geheimnisvoller Ort. Niemand kommt hinein, nur die technischen Mitarbeiter kümmern sich um die Pflege. Ansonsten Stille, wenige technische Geräusche.
Das Freibad ist eigentlich kein romantischer Ort, seine Anlage ist funktional: Hier die Umkleiden, dort die Duschen, dahinten die Imbissbude, dann die Becken für die Sportschwimmer, für die Nichtschwimmer und die Planschbecken für die Kleinen. Dann das Beachvolleyballfeld und schließlich die Liegewiese. Mehr braucht ein solches Freibad nicht. Und dennoch ist es ein Sehnsuchtort oder gar ein Lieblingsplatz, weil es Bewegungen und Gefühle ermöglicht, die sich die Wenigsten als ihr privates Eigentum leisten können. Tausende Liter Wasser füllen die Becken und ermöglichen das Abtauchen und Schwimmen in langen Bahnen, was in der heimischen Badewanne so nicht geht.
Das Freibad ist eine öffentliche Einrichtung und gehört zur kommunalen Infrastruktur. Auch deshalb ist das Feibad ein öffentlicher Ort und ein öffentlicher Raum, der allen zugänglich ist und an dem sich alle begegnen können: Die Jungen und die Alten, die Dünnen und die Dicken, die Schönen und die weniger Schönen, die Reichen und die Armen – letztere, wenn sie sich den Eintritt leisten können – hier können sie alle eintauchen. Das Freibad ist also ein grundlegend demokratischer Ort. Hier können sich alle begegnen. Das kann aber auch zu einigen Verwerfungen führen. Schon Ende August dieses Jahres resümierte die Polizei, dass es in Berliner Freibädern und an öffentlichen Badestellen zu 69 Gewalttaten gekommen war. Ausgerechnet der Bezirk Steglitz-Zehlendorf hatte davon die höchste Zahl. Einige Male mussten Bäder wegen größerer Auseinandersetzungen zeitweilig geräumt werden. Zufälligerweise kam genau in diesem Spätsommer der Film „Freibad“ der Regisseurin Doris Dörrie in die Kinos, der genau dieses Zusammentreffen der verschiedensten Milieus im Freibad, hier ein Frauenbad, thematisiert – und die Konflikte, die daraus entstehen.
Vollständige Eröffnungsrede als PDF verfügbar: