schweben

dimension14 gastiert in der 1910 errichteten und seit 2016 leerstehenden „Villa Pardemann“ in Stahnsdorf, wo man bereits zwei Jahre zuvor erfolgreich performt hat. Unter dem Motto schweben greifen die KünstlerInnen nicht nur die ungeklärte, politische Situation des Hauses auf, sondern reflektierten mit ihren ortsbezogenen Arbeiten auch Phänomene des Schwebens schlechthin: Von der Auseinandersetzung mit die Gesetzen der Schwerkraft über Zustände des Dazwischen-Seins bis hin zu philosophischen Fragen von Übergang und Transzendenz.

Villa Pardemann Stahnsdorf Ausstellung vom 11. bis 26. Mai 2019 Mit Arbeiten von | Anke Fountis | Sue Hayward | Beate Lein-Kunz | Josina von der Linden | Karl Menzen | Susanne Ruoff | Katrin Schmidbauer | Frauke Schmidt-Teilig | Hartmut Sy | GastkünstlerInnen | Tessa de Oliveira Pinto | Michael H. Rohde |

Eröffnungsrede

Dr. Dorothea Schöne, Kunsthaus Dahlem Eröffnungsrede zur Vernissage „schweben“ der Künstlergruppe dimension14 am 11. Mai in Stahnsdorf. (Auszug)

Das Schweben. Als der Moment der Entgrenzung schlechthin – es ist der Zustand zwischen dem Stand und der Boden-Losigkeit, zwischen der einen Gestalt und der anderen, zwischen der Entscheidung. Schweben muss nicht progressiv im Sinne von Voranschreiten sein. Vielmehr ist es ebenso ein Hin und Her, eine Enthausung aus der Behaglichkeit. Etwas im Schweben ist prägnant und flüchtig zugleich. Es benennt den Moment des schwer Greifbaren, des Unentschiedenen. Um diese Zwischen-Situation drehen sich die künstlerischen Positionen, kommen ihr auf die Schliche und benennen sie in ihrer Vielgestalt. Dafür ist Kunst das optimale Mittel. Denn Kunst erhebt keinen Absolutheitsanspruch, sondern greift sich den einen individuellen Ausdruck als mögliche Sichtweise, mögliche Richtung heraus. Sie verdichtet sich an der Stelle, an der Sprache ihre Akkuratesse und Zuverlässigkeit, ihre Treffsicherheit verliert. Schweben kann vergleichbar sein mit dem Wechsel eines Aggregatzustandes oder eines Reifezustandes – und so finden wir auch hier in der Ausstellung eine Art Laborsituation. Oder zumindest etwas, das als Solche anmutet, denn was das leichtgläubige Auge denkt zu identifizieren ist doch in keinster Weise steril, materialtreu, akkurat. Hier wird mit Täuschung, optischer Täuschung, vermeintlicher Tiefe gespielt. Schweben – das sind Schatten ohne Namen, Zustände ohne Begrifflichkeit. Gleich mehrere Arbeiten leben von der Bewegung des Besuchers. Seien es die Schwingungen, in die der Betrachter beim Betreten des Raumes durch Luftzug, die wiederum das Objekt in Bewegung und damit in Schwebe versetzen. Sei es durch aktives Anfassen und Bewegen. Oder sei es durch die Infragestellung der eigenen Sehgewohnheiten. Dinge von unten sehen, ihrer Bodenverhaftung beraubt – das wäre im Obergeschoss der Fall. Schließlich braucht das Schweben die Erde, von der es sich zu lösen gilt, wie auch den Himmel in Richtung auf den man emporsteigt – ohne anzukommen. Es lohnt der Blick über die Türen, wo engelsgleiche Gestalten Supraporten bilden. Es lohnt der Gang ins Bad, wo die Anmutung von Spurensuche, die Verschleierung der Zeit, das Verdunsten der Gegenwart in den Sinn kommen können. Es lohnt ein Gedanke daran, welche Elemente eigentlich noch dem Boden verhaftet sind und wo sie sich der Schwerkraft enthoben von selbigen Ablösen. Gerade bei der Skulptur ist das so ein Umkehrspiel. Ist sie doch traditionell eher dem Stand, dem Boden verpflichtet.

 

 

Vollständige Eröffnungsrede als PDF verfügbar: