Zeitarbeit

Zeit. Kann man sie sehen oder hören? Nagt sie an den Dingen, oder geräut sie aus den Fugen? Vergeht sie schneller als früher? Doch wer will das beweisen? Und warum fürchten wir das älter werden, wo doch allerorten dem Verstreichen der Zeit jubiliert wird? 25 Jahre Mauerfall, 750 Jahre Gemeinde Stahnsdorf 90 Jahre Rittersport?

Und Arbeit. Arbeiten wir, um zu leben, oder leben wir, um zu arbeiten? Weil wir uns sonst langweilen würden. Doch was ist Arbeit? Gehört Staub saugen dazu? Und arbeiten Künstler? Sie schlafen doch bis zum Nachmittag. Sollten sie aber doch arbeiten, wie soll man sie bezahlen? Ist der Mindestlohn ausreichend? Oder wäre das Gehalt eines Facharztes angemessen? Aber ist das nicht viel zu viel? Und sollten nicht auch Besucher von Ausstellungen dafür bezahlt werden, dass sie sich Kunst überhaupt anschauen?

Zeitarbeit war das Thema der Künstlergruppe ArtEvent2014. Zum bereits 14. Mal setzte die Gruppe – diesmal vom 1. bis 14. September – einen überraschenden Akzent in der Region. Eine Woche lang arbeiteten zehn KünstlerInnen auf dem Hof Dorfplatz 16 in Stahnsdorf mit dem Ziel, Zeit sichtbar zu machen. Mit seinen noch erhaltenen Scheunen und Ställen machte der ausgewählte Hof selbst Zeit sichtbar, hier siedelten sich die ersten Einwohner der Gemeinde stahndesdorp im 18. Jahrhundert an.

Mehr als 600 Besucher kamen und erlebten das ArtEvent 2014, vor allem die zwei Führungen zur Ausstellung auf der Vernissage sowie Finissage fanden großen Anklang. Längst sin ddie Kunstwerke wieder abgebaut – der Hofist wieder so wie er vorher war. Was natürlich nicht stimmt, denn das Kunstereignis das hier stattfand, ist nun Teil der Geschichte dieses Hofes geworden. Zur Ausstellung ist ein Katlog erschienen, ein Dokument dieser einzigartigen temporären Kunstinstallationen.

Hof am Dorfplatz Stahnsdorf

Ausstellung vom 8. bis 14. September 2014

Anke Fountis | Beate Lein-Kunz | Anke Mühlig | Hartmut Sy | Andreas Theurer | Eberhard Trodler

Gastkünstler*innen Sue Hayward | Josina von der Linden | Karl Menzen

Eröffnungsrede

Dr. Jürgen Bräunlein

Eröffnungsrede zur Ausstellung Zeitarbeit, 7. September 2014 (Auszug)


Zeit. Kann man sie sehen oder wenigstens hören? Nagt sie an den Dingen oder gerät sie, wenn man Pech hat, aus den Fugen?

Vergeht sie heute schneller als früher? Doch wer will das beweisen? Und warum hat sie neuerdings Fenster, die wir dann für unsere Mitmenschen öffnen? Und warum fürchten wir uns vor dem älter werden, wo doch die Gemeinde Stahnsdorf derzeit so überschwänglich gefeiert wird, weil sie so steinalt geworden ist?

Und Arbeit. Arbeiten wir, um zu leben, oder leben wir, um zu arbeiten? Weil wir Protestanten sind und uns sonst langweilen würden. Doch was ist überhaupt Arbeit? Gehören das Putzen und das Babystillen dazu? Und arbeiten Künstler? Sie werden doch von der Muße geküsst und schlafen bis zum Nachmittag. Arbeiten sie aber doch, wie soll man sie dann bezahlen? Ist der Mindestlohn ausreichend? Oder darf’s etwas mehr sein? Der Stundensatz eines Handwerkers vielleicht? Oder wäre das Gehalt eines Facharztes angemessen? Aber ist das nicht viel zu viel? Und nicht zuletzt: sollten nicht auch Sie, meine Damen und Herren, dafür bezahlt werden, dass Sie sich Kunst überhaupt anschauen?

Zeitarbeit – das ist das Thema der Künstlergruppe ArtEvent in diesem Jahr. Zum 14. Mal setzt die Gruppe einen anregenden, vielleicht poetischen, im schönsten Fall überraschenden Akzent in der Region. Eine Woche lang arbeiteten zehn Künstlerinnen und Künstler hier auf dem Hof mit dem kniffeligen Ziel, Zeit sichtbar zu machen. Ein glücklich gewählter Ort dieser Hof, der mit seinen noch erhaltenen Scheunen und Ställen von einer fernen Zeit erzählt – die bis in die Gegenwart hineinragt und Zukunft hat. Hier haben sich die ersten Einwohner der Gemeinde Stahnsdorf im 18. Jahrhundert niedergelassen.

Vollständige Eröffnungsrede als PDF verfügbar:

Presse

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